Handreichungen & Hinweise zum Flyer „Patientenrechte in der Psychiatrie“

Auf der Grundlage des Gesetzes zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten (Patientenrechtegesetz), Gesetz zur Hilfe und Unterbringung psychisch kranker Menschen (Psychisch-Kranken-Gesetz – PsychKG) und Betreuungsrecht (§1906 BGB)

Einleitung

Die unabhängigen Beschwerdestellen in Schleswig-Holstein haben sich zum Ziel gesetzt, Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen und ihren Angehörigen in der Wahrnehmung ihrer Rechte zur Seite zu stehen.

Eine psychische Erkrankung bedeutet in erster Linie für die Betroffenen aber auch für ihre Angehörigen eine große Herausforderung. In manchen Fällen ist der Aufenthalt in einer Klinik unumgänglich. In dieser Krisenzeit kann auch eine Chance liegen. Mit dem Wissen um Ihre Rechte und Pflichten können Sie diese Chance nutzen.

Handreichungen & Hinweise

Als Patient einer psychiatrischen Klinik haben Sie Rechte. Dies gilt gleichermaßen für freiwillige stationäre Aufenthalte wie für Einweisungen gegen Ihren Willen. Der vorliegende Flyer soll Sie anhand von 8 Fragen hierüber informieren.

  1. Was ist bei einer stationären Aufnahme in eine psychiatrische Klinik zu beachten?
    • Bringen Sie Ihre Patientenverfügung mit (soweit vorhanden)
    • Besteht eine Behandlungsvereinbarung mit dem aufnehmenden Krankenhaus? Wenn nein, besprechen Sie dies unbedingt mit Ihren behandelnden Ärzten!
    • Verfügbare Unterlagen zum Krankheits- und Behandlungsverlauf ggf. mitbringen!
    • Wichtig: Aktuelle Medikation / Unverträglichkeiten (Krisenpass vorhanden?)
    • Nehmen Sie sich eine Person Ihres Vertrauens zur Aufnahme mit! Wenn dies nicht möglich ist, bitten Sie um umgehende Benachrichtigung!
    • Das Gesetz sieht bei Aufnahme verbindlich ein Aufnahmegespräch mit einem Arzt / Psychologen vor! Im Rahmen des Aufnahmegesprächs muss Ihnen ein Merkblatt mit umfassenden Informationen über Behandlung und Klinikaufenthalt ausgehändigt und erläutert werden!
  1. Was passiert bei einer Klinikaufnahme gegen meinen Willen?
    • Ihre Rechte diesbezüglich sind im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) und im schleswig-holsteinischen „Gesetz zur Hilfe und Unterbringung psychisch kranker Menschen“ (PsychKG) festgeschrieben.
    • Der zuständige Richter des Amtsgerichtes muss Sie persönlich vor Ablauf des auf die Unterbringung folgenden Tages anhören!. Zu Ihrer Unterstützung steht Ihnen ein Verfahrenspfleger zur Seite.
    • Der Beschluss zur Unterbringung wird Ihnen sofort im Anschluss an die Anhörung persönlich mitgeteilt.
    • Sie können diesem Unterbringungsbeschluss im Rahmen einer Beschwerde widersprechen. Ihr Verfahrenspfleger unterstützt Sie ggf. dabei!
    • Die Unterbringung zu Ihrem eigenen Schutz hat gleichwohl Auswirkungen auf Ihre persönlichen Freiheitsrechte: Sie können die Klinik nicht allein verlassen. Zusätzlich können Außenkontakte eingeschränkt bzw. überwacht werden. Dies muss Ihnen mitgeteilt und begründet werden. Nicht eingeschränkt werden dürfen Kontakte zu Ihrer gesetzlichen / anwaltlichen Vertretung / Betreuung und zu Behörden und Gerichten!
  1. Unter welchen Voraussetzungen ist eine Behandlung gegen meinen Willen möglich?
    • Gesetzliche Grundlage ist auch hier das S-H PsychKG oder das Betreuungsrecht nach BGB.
    • Sie haben Anspruch auf die notwendige Behandlung.
    • Eine Zwangsbehandlung ist immer nur das letzte Mittel und steht am Ende einer Reihe von Bemühungen einen gemeinsamen Weg zu finden.
    • Ein Behandlungsplan ist mit Ihnen zu besprechen. Nach Möglichkeit werden Ihnen mehrere Therapiealternativen angeboten. Sprechen Sie dies unbedingt an!
    • Bei akuter, gegenwärtiger Lebensgefahr kann eine Behandlung auch gegen Ihren Willen durchgeführt werden. Dies umfasst gleichermaßen Medikamente als auch die Fixierung. Beides kann nur nach persönlicher Untersuchung und Ankündigung durch den Arzt Ihnen gegenüber erfolgen.
    • Für die Dauer einer Fixierung haben Sie Anspruch auf eine angemessene und ausreichende Begleitung und Betreuung.
    • Wenn der Unterbringungsbeschluss auf Grundlage des Betreuungsrechts erfolgt ist, muss eine Behandlung gegen Ihren Willen vorab vom zuständigen Gericht genehmigt werden. Die Entscheidung ist Ihnen bekannt zu machen. Sie können dagegen Beschwerde einlegen.
    • Es besteht die Pflicht zur detaillierten Dokumentation aller Behandlungsschritte in Ihrer Krankenakte!
  1. Welche Therapien gibt es und muss ich ihnen zustimmen?
    • Es gibt
      • Gespräche
      • Medikamentöse Therapie
      • Psychotherapie
      • Ergotherapie
      • Sonstige ärztliche, soziotherapeutische, pflegerische oder heilpädagogische Maßnahmen
    • Sie müssen über die Therapien und die damit verbundenen Risiken umfassend aufgeklärt werden.
    • Der Behandlungsplan muss mit Ihnen erörtert und abgestimmt werden.
    • Es eine besteht eine detaillierte Dokumentationspflicht in Ihrer Krankenakte!
  1. Wie lange ist eine Behandlung erforderlich?
    • Im Falle einer Behandlung gegen Ihren Willen, ist diese sofort zu beenden, wenn die ursprünglich gegebenen Voraussetzungen der Unterbringung nicht mehr vorliegen.
    • Eine ggf. erforderliche Weiterbehandlung kann dann auf freiwilliger Basis erfolgen. Sinnvollerweise setzen Sie die stationäre Behandlung fort, bis sich hinsichtlich der im Behandlungsplan abgestimmten Therapieziele erste Erfolge zeigen und eine Überleitung in eine ambulante bzw. teilstationäre Behandlung möglich erscheint. Die Entscheidung darüber treffen Sie gemeinsam mit den behandelnden Ärzten!
    • Thematisieren Sie rechtzeitig Ihre Anschlussbehandlung nach der Entlassung, falls dies von Seiten der Klinik nicht geschieht.
    • Es kann sinnvoll sein, eine Behandlungsvereinbarung mit der Klinik zu schließen.
    • Denken Sie über eine Patientenverfügung nach!
  1. Wie sind meine persönlichen Daten geschützt und welche Einsichtsrechte habe ich?
    • Es gilt grundsätzlich die ärztliche Schweigepflicht! Sie können die behandelnden Ärzte aber davon gegenüber Ihren Vertrauenspersonen entbinden.
    • Es gelten die allgemeinen und die besonderen datenschutzrechtlichen Bestimmungen nach BGB oder PsychKG.
    • Wer etwas über Sie und Ihre Erkrankung erfahren soll, das bestimmen Sie! In Einzelfällen kann es zulässig sein, andere Behörden oder Gerichte über Ihre Erkrankung zu informieren.
    • Sie haben ein umfassendes Einsichtsrecht in Ihre Patientenakte (Es sei denn, es wird ärztlicherseits ein negativer Einfluss auf Ihren Krankheitsverlauf befürchtet, – was in Akutsituationen ausnahmsweise der Fall sein kann. Doch dann können sie immer noch später Ihre Krankenakte einsehen).
  1. Welche Möglichkeiten der Beschwerde habe ich im Rahmen der stationären Behandlung? Wen spreche ich an?
    • In Schleswig-Holstein gibt es in jedem Kreis eine unabhängige regionale Beschwerdestelle. Hier können Sie in einem persönlichen Gespräch Ihr Anliegen vortragen. Die ehrenamtlichen Mitarbeiter der Beschwerdestellen werden Sie unterstützen und bei der Klärung von Konflikten begleiten. Weiterführende Hilfs- und Beratungsangebote können vermittelt werden. Dies ist für Sie kostenlos.
    • In Fällen der Unterbringung nach PsychKG gibt es die Möglichkeit der Beschwerde bei der Besuchskommission (auch: Anliegenvertretung) des jeweiligen Kreises. Hierzu muss es in der Klinik einen entsprechenden Aushang geben! Sie haben das Recht, sich telefonisch oder schriftlich mit der Besuchskommission in Verbindung zu setzen! Ansonsten ist die Anliegenvertretung verpflichtet,das Krankenhaus mindestens zweimal jährlich zu besuchen. Sie haben dann ggf. die Möglichkeit, Ihre Beschwerde persönlich vorzubringen.
  1. Welche Beschwerdemöglichkeiten habe ich sonst noch? Z. B. wenn ich aufgrund meiner Erkrankung benachteiligt werde?
    • Beauftragter des Landes S-H für Menschen mit Behinderungen / ggf. regionale Behindertenbeauftragte
    • Bürgerbeauftragte des Landes / ggf. regionale Beauftragte
    • Patientenombutsmann/-frau Schleswig-Holstein e. V.
    • Verbraucherberatung / Unabhängige Patientenberatung
    • Ärztekammer
    • Krankenhausträger
    • Schleswig-Holsteinischer Landtag
    • Europäische Kommission für Menschenrechte

Unterbringung und Behandlung in einer Klinik gegen Ihren Willen

  • Zwangseinweisung / Zwangsbehandlung: Eine Einweisung gegen Ihren Willen („Zwangseinweisung“) ist nur unter der eng gefassten Voraussetzung möglich, dass in Folge Ihrer psychischen Erkrankung eine akute und erhebliche Gefährdung für Sie selbst und / oder andere besteht.
  • Ablauf einer Einweisung gegen Ihren Willen: Üblicherweise werden Sie durch einen Arzt des Gesundheitsamtes untersucht. In der Folge ordnet der Kreis / die kreisfreie Stadt eine vorläufige Unterbringung an. Diese gilt maximal bis zum Ablauf des folgenden Tages. Zeitgleich wird das zuständige Amtsgericht informiert.
  • Überprüfung und Aufhebung des Unterbringungsbeschlusses: Die behandelnden Ärzte müssen im Rahmen Ihres Klinikaufenthaltes engmaschig das weitere Vorliegen der Unterbringungsvoraussetzungen überprüfen. Sollten diese nicht mehr vorliegen, ist dies dem zuständigen Amtsgericht mitzuteilen. In der Folge wird der Beschluss aufgehoben. Sie haben das Recht, diese Überprüfung einzufordern.

Hier gibt es die Handreichungen und Hinweise auch zum druckfreundlichen -> Download.


Wichtiger Hinweis zu Rechtsthemen

Die auf der Webseite des Landesverbandes der unabhängigen Beschwerdestellen in Schleswig-Holstein veröffentlichten Beiträge dienen der allgemeinen Übersicht und Information. Sie verstehen sich ausdrücklich nicht als Rechtsberatung und ersetzen keinesfalls eine individuelle Beratung durch einen (Fach-)Anwalt. Bitte beachten Sie auch, dass die hier angesprochenen Themenbereiche fortwährender Veränderung und Weiterentwicklung unterliegen.